Strengere Regulierung von Umweltaussagen – EU-Parlament bestätigt Richtlinie zum Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken

Die vom EU-Parlament angenommene Richtlinie “Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen“ regelt, dass bestimmte allgemeine Umweltaussagen künftig verboten sein werden, wenn hierfür kein ausreichender Nachweis vorliegt. Dadurch sollen Verbraucher mehr Transparenz für ihre Kaufentscheidungen erhalten und irreführende Werbeaussagen verhindert werden. Daneben regelt die Richtlinie auch weitere Verbraucherrechte, wie z. B. eine Informationspflicht bzgl. der gesetzlichen Gewährleistungspflicht i. H. v. zwei Jahren, Regeln zur Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten sowie Software-Updates.

Der Text, wie er vom Europäischen Parlament angenommen wurde, kann in der Datenbank EUR-Lex abgerufen werden. Die Richtlinie muss noch durch den Europäischen Rat beschlossen und dann innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. Mit Änderungen im deutschen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist wahrscheinlich ab Mitte 2026 zu rechnen.

Wesentliche Inhalte der EU-Richtlinie zum Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken 1. Allgemeine Umweltaussagen wie z. B. „umweltfreundlich“, „umweltschonend“, „ökologisch“ „klimafreundlich“, mit denen eine hervorragende Umweltleistung suggeriert wird, werden künftig verboten sein. Erlaubt sind diese nur dann, wenn eine anerkannte hervorragende Umweltleistung nachgewiesen werden kann.

Ein solcher Nachweis kann z. B. durch das EU-Umweltzeichen „Ecolabel“ oder andere staatlich anerkannte Systeme für Umweltkennzeichnung erbracht werden.

Erlaubt sind zudem solche spezifischen Umweltaussagen, die dem Verbraucher auf demselben Medium klare Informationen geben, wie z. B. „100 % der für die Herstellung dieser Verpackung verwendeten Energien stammen aus erneuerbaren Quellen“. Solche Aussagen sind keine allgemeinen Umweltaussagen.

2. Nachhaltigkeitssiegel, die nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt werden, sollen künftig verboten sein. Ein Zertifizierungssystem muss öffentlich einsehbare Bedingungen erfüllen, einschließlich einer objektiven Überwachung der Einhaltung der Anforderungen des Systems.

3. Aussagen, die sich auf die Kompensation von Treibhausgasemissionen begründen, wonach ein Produkt dadurch neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, sollen künftig verboten sein.

Praktische Relevanz für Druckunternehmen Irreführende und intransparente Umweltaussagen sind bereits heute nach dem UWG verboten (§§ 5, 5a, b UWG), s. dazu unser Rundschreiben T+F 27/2023 und Re 08/2023 vom 18. September 2023.

Bis zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gilt die heutige Rechtslage. Der bvdm empfiehlt auch heute schon mit Umweltaussagen bezogen auf den eigenen Geschäftsbetrieb oder auf einzelne Produkte umsichtig umzugehen. Spezifische Umweltaussagen sollten immer durch Quellen belegt werden und jegliche allgemeine Umweltaussagen nur dann gemacht werden, wenn diese durch seriöse Partner nachgewiesen sind.

Der bvdm wird über die weiteren Entwicklungen und Auswirkungen der neuen Rechtslage berichten, hierzu ist zunächst die Umsetzung auf deutscher Ebene abzuwarten.

Die Klimainitiative der Druck- und Medienverbände Die Klimainitiative der Verbände Druck und Medien gehört zu den bekanntesten und renommiertesten Anbietern für Druckereien und Verlage, wenn es darum geht, CO2-Emissionen im Print- und Verpackungsbereich zu ermitteln und zu reduzieren.

Die Richtlinie wird zur Folge haben, dass die Bewerbung von Produkten als „klimaneutral“, die aufgrund von Kompensationen der Treibhausgasemissionen durch Investitionen in Klimaprojekte erlangt wurde, nicht mehr ohne weiteres möglich sein wird.

Der von der Klimainitiative angebotene CO2-Rechner ermöglicht den teilnehmenden Unternehmen, ihre CO2-Emissionen zu ermitteln und daran anschließend Maßnahmen zur Reduktion zu bestimmen und umzusetzen sowie damit zu werben. Die zugrundeliegende Methodik basiert auf akkreditierten Standards. Es werden die relevanten direkten und indirekten CO₂-Emissionen berücksichtigt, die in den ISO-Normen DIN/ISO 14040, 14044 und 14067 sowie DIN/ISO 16759 aufgeführt sind. Auch die in der Intergraf-Empfehlung zum CO₂-Fußabdruck für Druckprodukte geforderten 13 wichtigsten Einflussfaktoren sind in der Berechnung abgedeckt.

Der bvdm wird prüfen, welche Anpassungen durch die neuen Regelungen notwendig sind und welche Aussagen die Unternehmen über ihr Engagement im Rahmen der Klimainitiative noch treffen können.

Weitere geplante EU-Regelungen zu Umweltaussagen – „Green Claims Richtlinie“ Eine zweite Richtlinie zu Umweltaussagen ist derzeit auf EU-Ebene in Arbeit. Die sog. Green Claims Richtlinie sieht vor, dass alle Umweltaussagen verboten sind, soweit sie nicht durch eine zertifizierte Stelle vorab genehmigt wurden. Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten und max. 2 Mio. Jahresumsatz sollen von der Richtlinie ausgenommen werden.

Bewertung des bvdm „Tue Gutes und rede darüber“ war bisher die Devise. In den neuen Regulierungen sieht der bvdm die Gefahr, dass Unternehmen weniger bis gar nicht mehr kommunizieren, was sie in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit Gutes tun, weil es zu riskant und zu teuer wird. Damit wäre zwar das „Green Washing“ unterbunden, doch gleichzeitig das sog. „Green Hushing“ forciert: Unternehmen schweigen über ihr Umweltengagement oder investieren weniger in Nachhaltigkeit.

Der bvdm befürwortet mehr Transparenz in Bezug auf Umweltaussagen, jedoch stellt das geplante Vorab-Zertifizierungsverfahren in der „Green Claims Richtlinie“ einen immensen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen und die Verwaltung dar. Daher fordert der bvdm, dass die EU nachhaltiges Handeln nicht mit neuen bürokratischen Hürden erschweren sollte.

Durch das geplante Verbot des Anbringens eines Nachhaltigkeitssiegels, welches nicht auf einem normenbasierten Zertifizierungssystem beruht oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurde, wird auch die Selbstregulierung der Wirtschaft im Bereich der freiwilligen Kennzeichnung und somit etablierte Systeme der Gütesicherung beschränkt. Für eine praxisgerechte Umsetzung der Ziele müssen aus Sicht des bvdm auch andere objektive und diskriminierungsfreie Verfahren erlaubt sein, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich gewährleisten, dass umweltbezogene Produktangaben in verlässlicher Weise bestätigt werden.

Ein solches Verbot verstößt aus Sicht des bvdm zudem gegen die Meinungs- und Werbefreiheit und ist nicht erforderlich, da bestehende Regularien im Wettbewerbsrecht ausreichen.

Das Parallel-Laufen von zwei Richtlinien mit gleichem Regelungsgehalt ist unübersichtlich und wirft für die Praxis viele ungelöste Umsetzungsfragen auf. Der bvdm hat sich gegenüber der Europäischen Kommission und dem Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit einer Stellungnahme insbesondere gegen die Vorab-Zertifizierung ausgesprochen.

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