„Wenn Digital der Standard ist, dann muss Print das Besondere sein“
Druck trifft Design in München: Auf der Konferenz Druck und Design tauschten sich Designer*innen, Drucker*innen und Papierhersteller*innen aus. Die neue Rolle von Print in einer digitalisierten Welt war das zentrale Zukunftsthema.
Was macht Print heute aus und wohin geht die Reise in einer digitalisierten Welt? Die Druck und Design Konferenz beschäftigte sich in diesem Jahr intensiv mit der Zukunft von Gedrucktem. In spannenden Impulsvorträgen und praxisbezogenen Workpanels drehte sich alles um die Faszination und den Stellenwert von Print in all seinen Facetten. Die Konferenz, die zum dritten Mal in München stattfand, spürte der Frage nach, warum in Zeiten der datengetriebenen Produkt- und Arbeitswelten gerade Kreativität und Print eine besondere und zukunftsweisende Rolle zufällt.
Das inspirierende Ambiente der Macherei in München bot den passenden Rahmen für diese besondere Veranstaltung mit 350 Teilnehmenden und zahlreichen Ausstellern von Agenturen, Druckereien und Zulieferern, die Papierinnovationen, hochwertige Druckveredelungen und erstaunliche Printprojekte präsentierten. Vernetzung und gegenseitiger Input waren also mehr denn je gefragt.
Printwelt im Umbruch: Neue Rolle für Gedrucktes
Am Vormittag gaben drei inspirierende Keynotes die Leitplanken des Tages vor. Dominik Wichmann, Co-Founder und Chief Creative Officer der deutsch-britischen Looping Group, eröffnete mit einer ebenso informativen wie kurzweiligen Keynote die Konferenz. Sein Thema: Die Relevanz des Gedruckten in digitalen Zeiten. Seine Keynote griff den umfassenden Umbruch der Printweltauf. Wichmann zeigte sich davon überzeugt, dass die Zukunft von Print davon abhängt, dass sich ihre Akteur*innen dessen Stärken bewusst sind und gleichzeitig aber auch Schwächen anerkennen, anstatt sie zu verbergen. Er machte dabei deutlich: „Wer Digitales nicht versteht, wird die Zukunft von Print nicht gestalten können.“ Er zeigte sich aber auch überzeugt, dass Print relevant bleiben wird, wenn auch mit neuer Funktion: „Print stillt heute oft keine Bedürfnisse mehr, im Gegenteil: es muss Begehrlichkeiten wecken. Gedrucktes ist dann relevant, wenn es als Luxusgut betrachtet wird, und Luxus ist Ausdruck menschlicher Selbstbestimmtheit und damit Freiheit“, so Wichmann. Am Ende seines Vortrages brachte er die neue Rolle von Print auf den Punkt: „Print bedeutet in Zukunft „lean back“ statt „lean forward“, einordnen statt informieren, entlasten statt belasten und aufheben statt wegwerfen.“
Auch Kristin Janoschka unterstrich in ihrer Keynote diese neue Rolle von Print in einer digitalisierten Welt: „Wenn Digital der Standard ist, dann muss Print das Besondere sein“, zeigte sich Janoschka überzeugt. Die Executive Director Consulting der Peter Schmidt Group, sieht den Wert von Design darin, Komplexes vereinfachen und Abstraktes sinnlich erfahrbar machen zu können. Und Print dürfe dabei auf keinen Fall vernachlässigt werden. „Marken sind dann am stärksten, wenn sie alle Sinne ansprechen. Print erzeugt Momente persönlicher Ansprache, erzählt Geschichten und berührt durch das haptische Erleben“, ist sich die erfahrene Markenstrategin sicher.
Zum Abschluss des Vormittags richtete Magnus Gebauer vom MedienNetzwerk Bayern den Blick auf zukünftige Gesellschaftstrends. Gebauer hat als erfahrener Trendforscher die gesellschaftlichen Veränderungen, den technologischen Wandel und wesentliche Innovationen der Kommunikationsbranche im Blick und attestierte einen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsvorsprung für Printprodukte. „Die Gesellschaft befindet sich in einem Zustand akuter Erschöpfung, der durch drei zentrale Entwicklungen vorangetrieben wird: die fortwährende Krise als Dauerzustand, ein beschleunigter technologischer Wandel, und unbewusste digitale Abhängigkeiten“, stellt Gebauer fest. Diese Entwicklungen führten zu bestimmten Trends: „Es besteht ein wachsender Wunsch nach einer Rückkehr in eine Zeit ohne digitale Endgeräte, da die Gesellschaft die negativen Auswirkungen der digitalen Ära spürt. Global steigt das Interesse an Digital-Detox-Maßnahmen, um bewusst gegen die digitale Überlastung anzugehen und in diesem Kontext gewinnen traditionelle Werte wie Kunst, Musik aber auch gedruckte Bücher an Bedeutung. Alle diese Trends stellen eine große Chance für Printprodukte dar, auch in Zukunft relevant und essenziell zu bleiben. Diese Chance gilt es unbedingt zu nutzen“, so Gebauer und fasst zusammen: „Die Menschen suchen vermehrt nach Regeneration und Resilienz, um dem Gefühl der Resignation entgegenzuwirken.“
Input, Austausch und Mut machen
Praxisorientierte Work Panels am Nachmittag setzten ganz auf den Wissenstransfer. So schilderten und diskutierten fünf Expert*innen sowohl aus der Druck- als auch aus der Kreativpraxis ihre Erfahrungen bei der Konzeption und Produktion von Printprodukten. Michaela Huml und Andreas Ullrich von the Happy Club gaben einen Einblick in die spannende Welt der Risographie und den innovativen Business Case ihres Unternehmens, der zeigt, dass Kreativität und Erfolg kein Widerspruch sein müssen.
Timm Rotter von inanutshell zeigte in seinem Vortrag auf, was Künstliche Intelligenz heute schon kann und was nicht, stellte interessante Fallbeispiele und nützliche Tools vor und beleuchtete die Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen. Und Michelle Jarosch und Helena Strohl gaben Beispiele dafür, wie Freelancer Unternehmen als kreative Sparringpartner in die Zukunft begleiten können und berichteten über die Arbeitsweise von gemischten Teams.
Die zweite Runde der Workpanels stand ganz im Zeichen des Mutmachens: Julia Scholz-Köberlein stellte dafür Tools für ein krisenfestes Unternehmertum vor. Krisen sieht sie als Einladung dafür, das zu tun, was Kreative am besten können: Ideen haben und machen. Maren Martschenko warb in ihrem Vortrag für ein neues Selbstverständnis für Designer*innen: Denn gutes Design ist vor allem auch eine Beratungsleistung. Und diese sollte auch selbstbewusst vertreten und verrechnet werden.
Einzigartige Druckinnovationen und unvergleichliche Resultate
Mit der Abschluss-Keynote von Lorenz Boegli, dem renommierten Printinnovator und leidenschaftlichen Siebdrucker aus der Schweiz, fand die diesjährige Druck und Design ihr fulminantes Ende. Seit 40 Jahren lebt er für den Siebdruck und hat mit konsequenter Ausrichtung auf das Analoge Erfolg. Seine Keynote beschäftigt sich mit dem additiven Vierfarbendruck RGBW als revolutionärem Ansatz, der physikalische Prinzipien auf den Kopf stellt. Lorenz Boegli machte in seinem Vortrag anhand verschiedenster Beispiele deutlich, dass ein Drucker weiterhin ein Innovator und Künstler sein kann, wenn er nicht stehen bleibt, sondern sich immer wieder neu erfindet und Prinzipien auf den Kopf stellt. Sein Appell: „Löst Euch von Althergebrachtem und macht das, was von Print erwartet wird: produziert Qualität, sorgt für Überraschung, Unerklärbarkeit und vielleicht auch etwas Alchemie.“
Die Druck und Design Konferenz zeigte wieder einmal, warum es so wichtig ist, digitale Daten in die haptische Welt von Print zu übersetzen und warum dabei das enge Zusammenspiel von Drucker*innen und Designer*innen der entscheidende Erfolgsfaktor ist. „Die Druck und Design war auch in diesem Jahr wieder ein großartiger Erfolg. Die Konferenz hat sich mittlerweile als wichtige Vernetzungs-Plattform fest etabliert, auf der sich die sehr heterogenen Teilnehmergruppen der Drucker, Designer und Papierhersteller treffen und austauschen können. Einen wichtigen Anteil an diesem Erfolg haben die branchenübergreifenden Synergie-Effekte, die die Konferenz den Teilnehmenden bietet. Sie machen die Druck und Design im deutschsprachigen Raum zu einem einzigartigen Event“, freut sich Holger Busch, Hauptgeschäftsführer des Verbands Druck und Medien Bayern, der zusammen mit Christian Meier, Geschäftsführer des Grafikmagazins, durch das Programm führte.